Begonnen wurde das Jubiläumsjahr mit einem großen Fachtag. Dieser wurde federführend von den pädagogischen Fachkräften Katharina Cruys und Thomas Klinker, gemeinsam mit dem Einrichtungsleiter Thomas Zellner erfolgreich geplant
Zu dem Thema „Jugendhilfe gestern – heute – und morgen“ hatte das Johannesstift am 05.06.2018 in den Landkreis Vechta eingeladen. 150 Gäste fanden sich hier zusammen und beschäftigten sich mit aktuellen Themen der Jugendhilfe. Durch das Programm führte Prof.'in Dr. Christine Meyer von der Hochschule Vechta.
Am Vormittag konnten sich die Gäste interessante und anregende Fachvorträge im Plenum anhören.
Am Nachmittag hingegen wurden sie selber aktiv an Diskussionen in Workshops beteiligt.
Auch eine Gruppe von Bewohnern des Kinderdorfes beteiligte sich bei der Gestaltung des Fachtages. Die Kinder und Jugendlichen der einrichtungsinternen HipHop-Gruppe „Rising Stars“, unter der Leitung von Ann-Cathleen Hartlage und Mareike Kuhlmann, sorgten mit einem schwungvollen Tanzauftritt am Vormittag für gute Laune.
Doch zunächst begrüßte der Einrichtungsleiter Thomas Zellner die Gäste und eröffnete den Fachtag. „Wir wollen die Zukunft gestalten, dazu erhoffen wir uns von diesem Fachtag unter der Überschrift Jugendhilfe gestern - heute - morgen Anregungen und Impulse“
Einen ersten Impuls setzte Diakonie-Vorstand Thomas Feld, der auch Mitglied des Vorstands des Johannesstiftes ist, in seinem Grußwort. Er erinnerte an die unrühmlichen Erziehungsmethoden in den Heimen der 50er und 60er Jahre und machte deutlich, welcher Anspruch aus dieser Erfahrung für die Jugendhilfearbeit entsteht, damit so etwas nie wieder passieren kann. „Im Johannesstift wissen Sie um die Potenziale und die Verletzlichkeit ihrer Bewohner, sie haben ihr Kinderdorf geöffnet und setzen sich nachhaltig mit Kinderrechten und Partizipation auseinander.“ So sei die Jugendhilfe fit für die Zukunft. Kreisrat Hartmut Heinen betonte, dass das Johannesstift ein wichtiger Teil der Jugendhilfe im Landkreis sei. Es sei ein Ort, wo die Kinder und Jugendlichen die Hilfe bekommen, die sie sonst nicht erhalten.
Den rechtlichen Rahmen für diese Hilfe machte Prof. Dr. Reinhard Wiesner in seinem Vortrag "Kinder und Jugendhilferecht gestern, heute und auch morgen?" deutlich. "Das Recht bildet den Rahmen für die Arbeit. Damit dieser passt, braucht es aber immer den Input aus der Praxis", sagte Wiesner, der bis 2010 Leiter des Referats Rechtsfragen der Kinder- und Jugendhilfe im Bundesfamilienministerium war. Leider sei in der Realität neben dem Gesetz auch die Kassenlage ein wichtiger Faktor für die Ausgestaltung der Jugendhilfe. Mit Blick auf die derzeitigen Reformdebatten zum Gesetz sagte er: "Bevor wir über Reformen reden, sollte die derzeitige Situation genau in den Blick genommen werden." Zuerst gelte es, sich den Differenzen zwischen Rechtslage und Praxis zu widmen. Als ein Beispiel nannte er die mangelnde Personalausstattung in Jugendämtern und Kitas.
Auf die fehlenden Fachkräfte ging auch der stellvertretende Leiter des niedersächsischen Landesjugendamtes, Dr. Dirk Härdrich, in seinem Vortrag ein. Der Nachwuchsmangel bei den Fachkräften ist für ihn eine der zentralen Herausforderungen für die Zukunft der Jugendhilfe. Je mehr Bereiche aus der Familie - von der Kita bis zu Pflege - in die öffentliche Verantwortung gelegt werden, desto mehr Personal werde für diese Bereiche gebraucht. Dieses Problem müsse gesamtgesellschaftlich gelöst werden.
Mit Blick auf die anstehenden Reformen wünschte er sich eine selbstbewusste Jugendhilfe, die ihr Wissen in den politischen Prozess noch stärker einbringt. Härdrich und Wiesner betonten beide: In der Kinder- und Jugendhilfe geht es immer um individuelle Schicksale, für die im Rahmen der Rechtslage die beste Lösung gefunden werden muss. Deshalb funktioniere Standardisierung in diesem Bereich nur in begrenztem Maße. "Gelingende Jugendarbeit bleibt und ist immer Beziehungsarbeit", betonte Härdrich.
Nach einer Stärkung in Form eines leckeren Mittagessens begannen am Nachmittag die Angebote in den Workshops. Zur Auswahl standen vier interessante Workshops. "Die Themen der Workshops sind die Themen, die uns derzeit intensiv in unserer Arbeit beschäftigen", betonte Einrichtungsleiter Zellner. In jedem Workshop fand zunächst ein Input durch einen Experten zum jeweiligen Thema statt mit einer anschließenden Diskussion. Unterstützt wurde dies von den entsprechend zuständigen Kollegen der Einrichtung. Die bunte Mischung der Workshopteilnehmer, aus ganz unterschiedlichen Arbeitsbereichen in Verbindung mit Jugendhilfe, sorgte für spannende Diskussionen.
Unter folgenden Workshops, und den entsprechenden Anleitungen, konnten die Gäste des Fachtags wählen:
a. Partizipation: Tanja Tielitz, Leinerstift mit Johannes Evers und Mareike Kuhlmann
b. „Care Leaver“: Prof. Dr. Dirk Nüsken, IGFH mit Katharina Aschwer und Thoma Sperveslage ; Dieser Workshop wurde von einer Ehemaligen des Johannesstiftes eröffnet, die den Teilnehmenden eindrucksvoll über ihre Erfahrungen berichtete.
c. „Elternarbeit“: Richterin Anke Schönfeld mit Anita Baalmann und Ralf Lanfermann
d. „Inobhutnahme“: Dr. Dirk Härdrich, LJA mit Katharina Cruys und Thomas Klinker
Der Abschluss des Fachtages fand im Plenum zur gemeinsamen Ergebnissichtung statt. Hier wurde als Resultat des Tages deutlich, das auf allen Ebenen interessante und wichtige Themen diskutiert werden konnten und die Gäste viele Ideen und neue Eindrücken in ihren Arbeitsalltag mitnehmen konnten.